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Wie Mama morgens um 4 zur Superheldin wurde // eine Alltagsgeschichte

Drei Uhr morgens. Ich liege wach im Bett und rätsle, was ich vergessen haben könnte. Ich habe etwas vergessen, das weiß ich. Aber was? Ich komme nicht drauf, drehe mich um und versuche, wieder einzuschlafen. Derweil macht das Bauchbaby Radau und zeigt mir wohl, ich sollte doch noch weitergrübeln.

Kurz vor vier Uhr: Ich sitze senkrecht im Bett. Mist, verdammter! Ich wusste doch, ich hab was vergessen. Und zwar was ganz essentielles! Also stupfe ich den armen Mann an, den ich damit aus seinen Träumen – wahrscheinlich eine Mischung aus WoW und Supergirl – reiße und flüsterschreie entsetzt:

Mensch Schatz, wir haben den verdammten Kuchen vergessen. Der Zwerg wollte doch heute im Kindergarten seinen Geburtstag nachfeiern!

Er blinzelt aus minikleinen Schlitzen, schaut mich entgeistert an und murmelt was vonwegen „Dann haben wir wohl beide verkackt.„, dreht den Kopf weg und schnarcht weiter. Er schläft ernsthaft weiter, während ich mir überlege, wie ich diese doofe Feier im Kindergarten noch retten kann. Würstchen und Brezen? Dafür machen Metzger und Bäcker zu spät auf. Auf dem Weg zum Kindergarten einfach fertige Windbeutel aus dem Tiefkühlfach beim Discounter holen? Kommt mir irgendwie genauso doof vor. Vor allem, weil es hier noch immer schneit und ich keine unnötigen Wege fahren oder dem Mann zumuten will.

Blöder verdammter Kackmist!„, murmle ich vor mich hin, während ich das Handy in halber Sitzposition im Bett durchforste nach idiotensicheren Rezepten und Ideen für Last-Minute-Versager wie mich. Ich – Frau „Ich schreib alles in den Kalender und bin voll strukturiert“ – hab es wirklich total versemmelt. Gestern früh hab ich noch daran gedacht. Und am Nachmittag. Also zumindest kamen ab und an Gedankenblitze. Und dann? Bin ich mit Kopfschmerzen ins Bett gegangen und habe es einfach verpeilt. Den Titel „Versagermama2019“ habe ich mir hiermit schon gesichert. Im Januar. Schafft ja auch nicht jeder oder?

Kurz darauf springe ich, wie von der Tarantel gebissen, aus dem Bett. Der Zwerg liebt doch Schokolade. Auf der Kakaopackung ist ein Rezept für Schokomuffins. Es ist doch noch nicht alles verloren, hoffe ich. Also stehe ich knapp nach vier Uhr in der Küche und krame sämtliche Zutaten zusammen. Welch ein Glück, dass der Herzmann sich gestern für die letzte Portion Linseneintopf erbarmt und dafür auf seine Spiegeleier verzichtet hat. Puh. Mit der Butter sieht das schon anders aus. Und warum haben wir sieben – ich meine, wirklich S-I-E-B-E-N, Päckchen Mehl, aber keinen einzigen Überrest an ungesundem weißen Zucker? So wirklich gar nichts davon?

Wenig später stehe ich an der Rührschüssel, als mir siedend einfällt, dass die Muffins ja in zwei Schichten gebacken werden müssen. Ich habe nur ein Muffinblech und die Förmchen sind komplett aus der Form geraten. Ironie des Schicksals oder so ähnlich. Angefangen habe ich aber schon mit meiner freien Interpretation des „Rettet den Geburtstag„-Kuchens. Leicht panisch schaue ich mich, noch immer in mein sexy Omanachthemd gekleidet, um und suche nach Alternativen. Und so erblicke ich das Backblech mit hohem Rand und rufe erstmal kurz „Geile Idee!„, bevor mir einfällt, dass nur ich Irre um diese Uhrzeit wach bin. Ups.

Es ist halb fünf. Der Kuchen ist im Ofen, schmeckt – auch wenn ich das schwanger nicht testen sollte – pappsüß und mein Soll ist getan. Mittlerweile sitze ich am Laptop, umklammere meinen Cappuccino, der mich hoffentlich davor bewahrt, mit dem Kopf auf der Tischkante einzuschlafen und starre auf die Uhr im rechten unteren Eck. Eine halbe Stunde später darf das Experiment aus dem Ofen geholt werden. Der Schokokuchen riecht köstlich. Und ich bräuchte jetzt Streichhölzer, um die Augen offen zu halten.

Nachdem ich die Schubladen erneut durchsucht habe, finde ich Lebensmittelfarbe, Puderzucker und Pappdinosaurier auf Zahnstochern, die eine liebe Freundin bei der Familienfeier im Dezember da gelassen hat. Während ich von einem Bein aufs andere tänzle, weil der Cappuccino seine volle Wirkung entfaltet, rühre ich also einen Zuckerguss an, färbe ihn grün und lasse ihn über den fast ausgekühlten Kuchen laufen. Ich mag nicht mehr. Was hab ich mir da nur dabei gedacht? Windbeutel oder diese Miniamerikaner aus der Kühltheke hätten doch vollkommen gereicht oder? Aber nee, Frau Mama wusste es besser.

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Nachdem die Tat vollbracht ist, verziehe ich mich aufs Sofa. Ich habe noch 20 Minuten, um einen Powernap einzulegen. Gerade döse ich weg, fliegt die Tür mit Karacho auf und ein kleiner müder Zwerg betritt das Zimmer. Er tastet mit noch unbeholfenen Patschehändchen nach dem Lichtschalter und reißt mich somit endgültig aus meiner Erholungsphase. Dann schaut er sich um, erblickt den liebevoll verzierten Schokoladenkuchen auf der Küchentheke und kreischt total euphorisch:

Boah Mama, ist der für mich? Für den Kindergarten? Echt ein Schokokuchen? Das ist ja total genial! Du bist die beste Mama auf der ganzen Welt!

Ich nicke müde, grinse ein wenig und hole mir den kleinen Mann zum Kuscheln. Den Titel „Versagermama 2019“ werde ich mir dieses Jahr garantiert noch holen. Ich kenne mich. Aber für heute bin ich seine Heldin. Und ein wenig stolz bin ich schon, dass ich das durchgezogen habe, so richtig planlos morgens um vier. Der Kindergeburtstag kann steigen.

Kurz darauf torkelt der Mann ins Wohnzimmer und fragt, ob ich denn überhaupt keinen Schlaf mehr brauche. Doch, doch. Brauch ich schon. Aber das hole ich nach, wenn alle außer Haus sind. Vorher sollte ich nur den Kalender überprüfen, nicht dass es wieder ein böses Erwachen gibt.

Die Julie

 

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