Corona macht einsam, Die Pandemie hat uns im Griff und die Maßnahmen schützen uns. Dennoch fehlen Freunde und Familie für die Kinder. #bildungabersicher #coronaeltern
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Ihr fehlt! // Die Pandemie macht einsam

Ich weiß nicht, wie es dir geht, aber seit März ist hier Ausnahmezustand. Keine großen Familienfeiern mehr, keine ausgelassenen Geburtstagspartys für die Kinder, kein spontaner Kaffeeklatsch. Corona macht einsam. Mich jedenfalls.

Es ist nicht so, dass ich zuvor einen riesengroßen Freundeskreis gehabt hätte. Durch meine Kinder hat sich das vor einigen Jahren eh schon sehr dezimiert. Aber seit Wochen sind wir quasi bei null Kontakten zur Außenwelt, außer sie sind verpflichtend. Wie die Taxifahrten meiner Mama für die Große, weil das nach der Wirbelsäulen-OP mit dem Bus noch eine doofe Situation ist. Oder die Schulkinder, die sich zwangsläufig ohne genügend Abstand im Klassenzimmer treffen. Begebenheiten, denen wir einfach ausgeliefert sind und nicht großartig dagegen vorgehen können. Kinder müssen eben in die Schule, weil in der ganzen Zeit nur ein Lüftungskonzept auf die Beine gestellt wurde. Kinder sind nichts wert.

Und privat? Habe ich meine Handvoll ausgesuchte Familie seit Monaten nicht gesehen. Weil sie uns schützen möchten und müssen. Und weil wir sie schützen müssen. Ja, weil wir verantwortungsbewusst mit dieser Situation umgehen und uns – so schwer es fällt – einfach zusammenreißen. Und das, während in den großen Städten Querdenker, Nazis und Reichsbürger aufmarschieren und damit sämtliche Maßnahmen, die ansonsten die Welle flachhalten würden, außer Gefecht setzen.

Ich mag nicht mehr. Ich mag wirklich nicht mehr. Diese Zeit macht mich so mürbe. Vor allem auch, weil ich das Gefühl habe, mit der Einstellung, sich so gut wie möglich aus allem herauszuziehen, um die Familie und andere zu schützen, allein dazustehen. Man wird belächelt, wenn man Einladungen absagt. Man trifft auf absolutes Unverständnis, wenn man Maskenpflicht, Abstand und Distanzunterricht befürwortet. Als seien wir das Problem und nicht die Partypeople, die alternativen Fakten hörig sind und an sowas wie Impfmücken, 5G und so nen Schwurbel glauben.

Man kann die Maßnahmen scheiße und gleichzeitig sinnvoll finden!

Mir macht das keinen Spaß. Ich habe keinerlei Freude daran, meine engsten Freunde seit Wochen und Monaten nicht gesehen zu haben. Ich finde es nicht toll, dass diese Auszeiten bei anderen (Eltern-)Freunden komplett gestrichen sind. Nee, ich finde es richtig kacke. So sehr, dass ich manchmal einfach nur heulen möchte, weil mir eine Umarmung, ein Gespräch Face to Face fehlt. Weil es mir fehlt, dass wir gemeinsam auf der Terrasse sitzen, lachen und schweigen. So richtig live und in Farbe und zum Anfassen. Nicht über (Sprach-)Nachrichten oder Videoanrufe.

Und den Kindern geht es kaum anders. Nachdem die Große nun 3 Wochen daheim war, weinte sie fast vor Freude, als es am Montag wieder in die Schule ging. Sie war richtig glücklich, endlich wieder andere Menschen außer die Eltern und Geschwister zu sehen. Eigentlich freute sie sich am meisten auf ihren einen Kontakt. Ihre Sitznachbarin, die sie durch die 3 Wochen mit Nachrichten begleitet hatte. Weil es eben was anderes ist, jemanden zu sehen, zu hören, mit ihm zu interagieren, als Nachrichten über Teams zu lesen.

Für den Frosch fiel jetzt dank der massiv steigenden Zahlen das einzige weg, wodurch er noch Kontakt zu anderen Kindern hatte: Fußballtraining. Wir waren uns des Risikos der Ansteckung bewusst. Aber drinnen ist Training weder erlaubt noch sinnvoll. Also sieht er – genauso wie ich – seit Wochen nur die Familie. Und es geht ihm gar nicht gut damit. Er sehnt sich so sehr nach anderen Kindern, nach Spielkameraden, nach gemeinsamen Erlebnissen. Corona macht einsam, auch Kinder!

Wenn ich mir dann aber ansehe, wie voll die Innenstädte sind, wie wenig dort auf Abstand, Mundschutz oder überhaupt Kontaktbeschränkung geachtet wird, wird mir ganz anders. Ich möchte hier nicht den Moralapostel spielen. Nee, das steht mir nicht zu. Aber ich darf sehr wohl ein wenig am gesunden Menschenverstand zweifeln, wenn ich sehe, was da abgeht. Ich möchte schreien „MERKT IHR DENN NICHT, WAS IHR HIER MACHT? SIND EUCH EURE MITMENSCHEN SO EGAL?! und doch bleibe ich stumm. Resigniert.

In der Schweiz ist schon Land unter. Die Triage muss bereits angewendet werden, weil die Intensivbetten voll sind. Und hier? Hier ziehen diese Covidioten heute noch durch Berlin und deren Demonstration muss mit Wasserwerfern aufgelöst werden. Großartig. Wirklich. Da kann man bei so vielen Tausenden auch sicher die Infektionsketten verfolgen oder?

Und währenddessen sitzen wir daheim, alles in uns schreit nach Nähe, Umarmungen und echtem Kontakt, und halten uns zurück. Die Pandemie macht einsam, aber nur diejenigen, die dieses Virus ernst nehmen.

Mich kotzen diese Menschen an, die so rücksichtslos agieren. Die Menschen, die so egoistisch sind und ihr Leben leben, als sei nichts im Umlauf. Diese Menschen, die andere bewusst gefährden und das Virus und dessen Folgen klein reden.

Die Adventszeit und Weihnachten werden laut den Prognosen auch nicht besser. Im Gegenteil. Seit Jahren feiern wir mit meinen Eltern und den Ziehgroßeltern der Kinder. Dieses Jahr sind wir allein. Auch die Ziehgroßeltern sind komplett allein. Sie haben nur sich. Es wird kein gemeinsames Essen geben, keine strahlenden Kinderaugen, kein „Danke Oma, du bist die Beste!“, nichts. Weil wir aufeinander achten, obwohl es weh tut. Sehr sogar.

Ich bin genervt, wütend und traurig. Meine Kapazitäten sind aufgebraucht. Und gleichzeitig muss ich meinen Kindern erklären, warum es für andere okay ist, wenn deren Kinder von Garten zu Garten und von SpielkameradIn zu SpielkameradIn tingeln. Ich muss den Frust auffangen, wenn sie mir erzählen, dass die Lehrkraft es vollkommen gutheißt, dass Masken am Platz abgenommen werden und diese Gülledinger nun der letzte Hype sind. Danke auch!

Nee, ehrlich! Klar hab ich Angst vor dem Kackmist. Vor allem, weil ich mehrere Berichte zu den Verläufen gelesen und selbst vor zwei Wochen einen Einblick in eine Intensivstation hatte. Ich glaube, auch du sagst nicht „Hey, ich freu mich voll, das freie Intensivbett gehört mir!“ oder? Aber dass man sich auch an einem so kleinen Stückchen Stoff so aufhängen kann, verstehe ich nicht. Wirklich nicht. Auch, dass man sich mal ein paar Wochen zusammen reißt, sollte wohl kein Problem sein, wenn der Ausblick ein womöglich nicht ganz so sanfter Verlauf eines Drecksvirus ist.

Worauf ich eigentlich hinaus wollte: Corona macht einsam, wenn man sich schützen möchte. Und je mehr die anderen rücksichtslos agieren, desto mehr müssen wir uns einigeln. Es macht mich mürbe, es laugt mich aus und nimmt auch die Kinder ziemlich mit. Wie es Einzelkindern oder Familien ohne Garten, ohne Beschäftigungsmöglichkeiten oder Anschluss zur Natur geht, mag ich mir nicht ausmalen. Das ist bestimmt nochmal ne Spur härter.

Und ja, ich hoffe ehrlich gesagt darauf, dass nun endlich durchgegriffen wird. Dass diese Demos erst gar nicht stattfinden, dass Menschen sich nicht ins Fäustchen lachen, wenn sie den Verordnungen hinterrücks eins ausgewischt und ne Kellerparty geschmissen haben. Auch, wenn die Prognose für dieses Weihnachtsfest ziemlich düster und mir deswegen das Herz schwer ist, hoffe ich zumindest ganz naiv auf eine Besserung 2021.

So, genug genölt und gejammert. Aber das musste raus.

Herzlichst, die Julie

7 Kommentare

  • Victoria

    I feel you. Ich bin so wütend auf diese rücksichtslosen Egoisten und traurig darüber, dass ich meine Familie seit zig Monaten nicht gesehen habe… Liebe Grüße und viel Kraft.

  • Uta Brachhoff

    Hallo Julie, Du sprichst mir so aus dem Herzen! Ich bin Single und sitze den ganzen Tag allein im Home office und das seit Monaten. Ende nicht in Sicht.
    Auch wenn ihr Euch als Familie wegen der Umstände hofft, Ihr habt einander.
    Und ich gebe Dir so Recht, es gibt soviel Ignoranten. Allein die Demo in Leipzig, 40.000 Menschen- geht es noch? Wie Du sagst, wir kasernieren uns ein, halten die Vorschriften ein , reduzieren die Kontakte… und dann kommen diese – für mich sind es egoistische Schmarotzer – daher…denkt einer von denen mal an das Krankenhaus Personal, Leute, deren Existenzen gerade vernichtet werden? Wie sagte jemand so treffend,
    ich kann die Pandemie ja nicht weg demonstrieren! Und was mich wurmt, wenn die jetzt unnötig krank werden, es kostet meine Steuern, meine Krankenkassebeiträge… für mich ist dieser Umgang mit der Pandemie auch ein Zeichen dafür, wie egoistisch die Gesellschaft geworden ist und das ist für mich erschreckend. Eigentlich haben wir einen Wissensstand wie keine Generation vor uns und gleichzeitig sind wir so dumm.
    Jetzt habe ich auch meinen Frust rausgelassen… bleibt bei der Stange, bleibt gesund und behaltet die Nerven!

    • Julie

      Liebe Ute,
      als Single in der Situation trifft es dich ja noch weit härter. Bleibt nur zu hoffen, dass mit dem nächsten Frühling wieder ein Rückgang der Infektionen und eine hohe Impfquote ist.

  • Anika

    Hallo Julie, also was mich bei dem Ganzen ein bisschen ärgert ist dieses Schwarz-Weiß denken, jeder der sich nicht im Keller einsperrt und vielleicht manche Dinge kritisch sieht wird von vielen (wie z.B. auch in deinem Text herauslesbar) als Schwurbler, Aluhut etc bezeichnet.

    Ich erkenne alle Fakten an, ich gehe um Gottes Willen zu keiner Demo oder Sonstiges aaaber es gibt auch ein Dazwischen. Selbstverständlich halten wir Abstand, tragen Maske etc, gleichzeitig darf ich aber trotzdem viele Maßnahmen kritisch sehen und darf das auch sagen.

    Man kann das Risiko auch klein halten und trotzdem Kontakte haben, ohne zwangsläufig gleich rücksichtslos und was auch immer zu sein. Fakt ist wir haben keinerlei Vorerkrankung und sind alle noch jung, ja ich hoffe dass sich niemand bei uns infiziert und ja es gibt ein (wenn auch minimales)Risiko dass es bei uns zu einem schweren Verlauf kommen kann aber wenn ich mich zu Hause einigle, meinen Kindern alles verbiete sind die Folgen ganz eindeutig. Es gibt immer noch Krankheiten vor denen hab ich sehr viel mehr Angst und es ist okay wenn der Nebensitzer aus der Schule zum Spielen kommt, wenn wir mit einer befreundeten Familie durch den Wald laufen…. Für uns ist das okay, für andere nicht… Aber nicht alle die sich nicht komplett von allem einigeln sind deshalb Leugner.

    Wenn ihr Vorerkrankungen habt oder auch einfach nur extrem Angst dann tut mir das leid, besonders für die Kinder und klar müsst ihr dann mit allem anders umgehen aber das kann im Umkehrschluss nicht bedeuten dass es andere auch so machen müssen. Liebe Grüße

    • Julie

      Hallo Anika,
      ich glaube, da möchtest du dich mit meinem Text angegriffen fühlen. Denn Fakt ist: Ich schrieb ganz klar: Ich kann die Maßnahmen absolut doof finden und sie trotzdem einhalten. Ich habe sogar im Sommer darüber geschrieben, dass wir im Urlaub waren oder den Geburtstag vom Frosch im Garten gefeiert haben. Mit Abstand und Hygienemaßnahmen.
      Und klar gehe ich von unserer Situation aus. Unsere Familie hat im Schnitt 140 Kontakte täglich – und das rein durch Schulen und die Arbeitsstelle meines Mannes. Dazu zählen zwei aus unserer Familie zur Risikogruppe. Da ist man einfach anders dabei, als wenn man – wie in deinem Fall – keinerlei solcher Probleme hat. Und klar mag es Krankheiten geben, deren Verlauf ähnlich/schlimmer sind, aber die Wahrscheinlichkeit, an Covid_19 zu erkranken ist dank dieser Menschen, die gestern beispielsweise durch Berlin gezogen sind, doch um einiges höher, eben auch, weil die Infektionsketten nicht mehr nachweisbar sind.
      Auch habe ich explizit geschrieben, dass wir das so handhaben, je rücksichtsloser die Massen werden. Dass du dich dadurch angegriffen fühlst und dich rechtfertigen möchtest, tut mir leid. Ich habe in keinem Wort anderen einen Stempel oder eine Verhaltensweise aufgedrückt, sondern nur meine Sichtweise, meine Ängste und Sorgen dokumentiert.
      Herzlichst, die Julie

  • Natalie

    „Die Pandemie macht einsam, aber nur diejenigen, die dieses Virus ernst nehmen.“ Einfach nur Danke für diesen Satz!

    Ich wünsche dir und deiner Familie viel Kraft, haltet irgendwie durch! Etwas anderes bleibt uns jetzt nicht.
    Liebe Grüße,
    Natalie

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