Ein Brief an mein 13jaehriges Ich. Welche Worte mir damals geholfen hätten, mich nicht allein zu fühlen.
Life,  Gedankenwelt

Liebe Julie // ein Brief an mein 13jähriges Ich

Neulich, als ich die Kisten durchgeräumt habe, weil ich alte Bilder verstauen wollte, fiel mir ein Brief in die Hand. Ein Brief von einem Jungen, den ich damals, als ich mich so unheimlich reif fühlte, sehr gemocht hatte. Dieser Junge hat mir damals das Herz gebrochen, denn ich habe mich ihm geöffnet, von meinen Gefühlen erzählt und wurde dafür ausgelacht. Nachdem ich irgendwann wieder zu mir gefunden hatte, habe ich ihm geschrieben, was sein Verhalten in mir hervorgerufen hat und er hat sich in diesem Brief, den ich fand dafür entschuldigt. Mein Ego war dennoch ziemlich angeknackst und es brauchte lange, bis ich mich wieder so öffnen konnte.

Mittlerweile sind wir beide erwachsen. Er lebt sein Leben und ich meines. Ab und an, alle Jubeljahre, wenn wir uns begegnen, reden wir kurz miteinander und können gemeinsam lachen. Und dennoch gibt es einiges, was ich aus heutiger Sicht meinem 13jährigen Ich raten würde, was ich mir gewünscht hätte, dass man es zu mir sagt. Kleinigkeiten nur, die mir vielleicht die Zweifel an mir selbst genommen hätten.

Ein Brief an mein 13jaehriges Ich. Welche Worte mir damals geholfen hätten, mich nicht allein zu fühlen.
Bildquelle: Pixabay Bru-nO

Liebe Julie,

weißt du, es tut weh, wie er dich behandelt hat. Es tut unheimlich weh, dass dir kaum einer zur Seite stehen wollte. Aber weißt du was? Es war nicht schwach, dich zu öffnen. Du warst nicht schwach, zu deinen Gefühlen zu stehen. Es war richtig und wichtig, ihm zu sagen, was du empfindest, denn sonst hättest du dich im „was wäre wenn“-Strudel verloren. Mit der Zeit wird der Schmerz leichter, deine Seele lacht wieder und du lernst, dich selbst zu mögen. Nicht du warst falsch, sondern seine Reaktion.

Irgendwann, ein paar Jahre später, wirst du einen tollen Jungen treffen. Ihr wachst miteinander und aneinander. Und auch, wenn es nicht für ewig halten wird, wird er immer ein wichtiger Bestandteil deines Lebens sein. Du lernst durch ihn, dich zu mögen, wieder zu vertrauen und dass Gefühle keine Schwäche sind.

Und auch dein Freundeskreis wandelt sich. Du wirst lernen, wer dir gut tut und andere hinter dir lassen. Du wirst Freunde und Vertraute finden, denen du trotz der Entfernung und unterschiedlichen Entwicklungen wichtig bist. Natürlich wirst du dich zwischendurch wieder Hals über Kopf verlieben. Und weißt du was? Es ist gut so. Es gibt dir Leichtigkeit, beflügelt dich und lässt dich manche Dinge erleben, die dein Kopf sonst nie zugelassen hätte.

Und dann kommt dann irgendwann dieser eine, mit dem du dir alles vorstellen kannst. Das Gesamtpaket eben. Ja, das mag verrückt klingen. Vor allem bei dir. Jetzt magst du nämlich niemals Kinder haben und dein Leben lang mit einem Partner verbringen, das klingt für dich fast nach Strafe. Doch dieser eine Mann, der mag dich, wie du bist. Er weiß von deiner Vergangenheit und plant mit dir die Zukunft und es fühlt sich gut an. Klar wirst du dich auch mit ihm ab und an ordentlich in die Haare kriegen – aber er bleibt. Und du bleibst.

Liebe Julie, du bist ein toller Mensch. Genau so. Zweifle nicht an dir, an deinem Äußeren und an deinem Charakter. Du bist genauso richtig, wie du bist. An dir ist nichts falsch. Und du musst dich auch nicht verbiegen, das wirst du noch lernen. Denn die echte Julie ist vollkommen in Ordnung.

Und dieser Junge, der dir weh getan hat, der weiß nicht, was er verpasst hat. Dieser Junge hat sich die wunderbare Chance entgehen lassen, hinter die Kulissen zu schauen. Denn hinter all den Zweifeln, die du hast, liegt ein wunderschöner Mensch verborgen. Ein Mensch, der fühlt, sein Herz auf der Zunge trägt und liebt. Lieben kann!

Steh zu dir, du bist toll!

Julie

Ein Brief an mein 13jaehriges Ich. Welche Worte mir damals geholfen hätten, mich nicht allein zu fühlen.
Bildquelle: Pixabay Bru-nO

Heute weiß ich, es wird noch viel tolles passieren. Es werden Menschen gehen, aber auch neue Menschen dazu kommen. Ich habe meinen Weg gemacht. Zwar komplett anders, als ich mir das ausgemalt habe, aber das ist okay. All diese Erfahrungen haben mich zu dem Menschen gemacht, der ich heute bin. Und dennoch hätte ich mir die ein oder andere Umarmung mehr gewünscht. Ein paar aufbauende und ernst gemeinte Worte. Gesten.

Heute weiß ich, dass Menschen, die gemeine Dinge sagen oder tun, meist ein Problem mit sich selbst haben. Dass sie selbst schwach sind und sich so besser fühlen wollen. Diese Erkenntnis hat gedauert und es war ein langer Weg.

Doch heute weiß ich auch, dass ich mir so etwas nicht mehr gefallen lasse, dass Gefühle zulassen kein Zeichen von Schwäche ist und dass ich okay bin, wie ich bin.

Ja, ich bin okay. Ich bin gut. Das sollte man sich viel öfter sagen, findest du nicht?

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