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Der Kigastart nach den Sommerferien: Über Weltschmerz und Verlustängste (eine Alltagsgeschichte)

Wenn der Kigastart nach den Sommerferien so gar nicht glatt läuft.

Gestern war der erste Kindergartentag nach den Sommerferien für den Frosch. Morgens ging es noch relativ schlaftrunken los. Nicht einmal das Frühstück wollte er essen, sondern nahm es in einer Brotbox mit. Den ganzen Tag über war ich mit dem Baby beschäftigt, das momentan sehr viel Nähe und viele Stillmahlzeiten verlangt. Und abends kam er dann zusammen mit dem Papa heim, der Frosch.

Auf meine Frage, ob ich ihm einen „Hallo-Kuss“ aufdrücken darf, kam nur ein gegrunztes Nein. Also wollte ich wissen, ob ich ihn wenigstens knuddeln darf. Wieder nein. Herrje, er wirkte aber auch etwas müde und fertig von den vielen Eindrücken vom Tag. Wortlos setzte sich dieser kleine vierjährige Mensch also zum Keks auf die Spieldecke und machte keinen Mucks. Ich dachte mir nichts dabei und werkelte also weiter vor mich hin und tauschte mich mit Manuel über dessen und meinen Tag aus. Wenn der Frosch reden wollte, würde er das schon tun.

Das Abendessen verging ohne Zwischenfälle. Klar war er ein wenig dünner mit den Nerven – kein Wunder nach dem Kigastart nach knapp 4 Wochen Narrenfreiheit. Aber sonst verhielt er sich wie sonst eben auch.Dann stillte ich das Baby in den Schlaf und dämmerte selbst ein wenig weg. Doch dann wurde ich von herzzerreißendem Schluchzen aus meinem Dämmerschlaf gerissen. Erst dachte ich, das würde sich ganz schnell geben, schließlich war Manuel ja bei den Kindern, aber der Tränenfluss, der ziemlich laut untermalt wurde, riss nicht ab.

Mein armer kleiner Frosch spürte den Weltschmerz und musste ihn einfach heraus brüllen. Laut und kräftig und verzweifelt. Vor allen Dingen verzweifelt klang es.

Also schlich ich mich leise aus dem Bett und fand einen in Tränen aufgelösten kleinen Kerl vor, der mitten im Zimmer seiner ältesten Schwester saß und von dieser, seiner anderen Schwester und Manuel betüddelt wurde. Aber es half alles nichts. Ihm ging es doof, er weinte bitterlich. Doch so recht wollte er mit der Sprache nicht raus.

Ich weiß nicht, was ihm fehlt, er spricht nicht mit mir!

war die Antwort auf meinen fragenden Blick, was hier los ist. Und so saß ich kurz darauf mit auf dem Boden, zog den Frosch, dessen Augen mittlerweile ziemlich gerötet und müde waren, an mich und versuchte, aus ihm rauszukitzeln, was seinem Herz so weh tat. Erst haute er wie wild um sich, drückte mich weg und schrie erst recht. Nicht, weil ich ihn hielt, sondern weil alle angestauten Gefühle aus dem Kindergarten heraus mussten. Laut und wütend und traurig. Und eben noch immer verzweifelt.

Irgendwann ließ er nach und aus dem wilden und lauten Schreien, aus der Wut wurde langsam ruhigerer Atem. Der Frosch schluchzte noch. Aber nicht mehr so verzweifelt, sondern eher müde. Jetzt war er bereit, mit mir zu reden. Vielleicht auch, mir zu sagen, was ihm fehlte. Also versuchte ich es erneut.

War heute im Kindergarten nicht so toll, hm? Was beschäftigt dich denn so arg?

Der kleine Kerl, der bis dahin zusammengekauert und wimmernd auf meinem Schoß saß, rieb sich die Augen, guckte mich trotzig an und begann zu erzählen. Im Kiga war alles doof. Die großen Freunde sind alle weg, es waren nur die Hälfte der Kinder da und er fühlte sich schrecklich allein. Irgendwann, wenn immer weniger Kinder kämen, wäre er ganz allein und er will nicht alleine sein. Außerdem wurden Fotos gemacht. Und er wollte nicht fotografiert werden, er wurde nicht einmal gefragt.

Das hat mir furchtbar Wut im Bauch gemacht. Da war ich stinkesauer! Bin ich noch immer!

Puh, da saßen wir, kuschelten uns aneinander und ich konnte seine Wut und seine Verzweiflung nun auch spüren. Die Angst, dass alle Freunde wegbrechen. Die Enttäuschung, dass der große Bruder nicht mehr mit im Kindergarten war. Und auch die Wut, dass man ihn und seine Wünsche so übergangen hatte. Dieser kleine Vierjährige war voll von Gefühlen, die sich nun alle entladen konnten. Er erzählte und erzählte und war abwechselnd leise und lauter, wütend und traurig.

Und ich konnte es alles so gut nachvollziehen. Es tat mir weh, dass ich sein Päckchen nicht abnehmen konnte. Ich konnte ihm nur erklären, dass auch er irgendwann den Kindergarten verlässt, um dann mit seinem Bruder auf die Grundschule zu gehen. Dass auch er einmal zu den großen gehört. Und dass er nicht alleine ist, wir bei ihm sind. Dass wir ihn auf seinem Weg begleiten und ihn das nicht ohne uns durchstehen lassen.

Die neue Situation beim Kigastart machte ihm Sorgen. Neue Dinge sind nun mal erst einmal ungewohnt. Das kann schon angsteinflößend sein. Uns Erwachsenen geht der Hintern ja auch oft genug auf Grundeis, wenn der Job sich verändert oder wir umziehen oder allein, wenn wir uns jemandem vorstellen sollen. Warum also sollte man Kindern diese Angst vor neuen Situationen absprechen?

So begleitete ich ihn durch seine Angst und seine Gefühle. Saß da, strich ihm die blonden Haare aus dem Gesicht und langsam trockneten seine tiefbraunen Augen. Langsam wurde dieser starre zornige Blick wieder weicher. Also wollte ich wissen, was ich noch Gutes für ihn tun kann. Und so beschloss er, dass er gern bei seinen Schwestern schlafen würde. Die Mädels räumten die Decke und das Kopfkissen zu sich und es schien, als hätte er sich gefangen. Ich schlich nach unten und wollte mich wieder um das Baby kümmern, das durch die lauten Tränen aufgewacht war. Das hatte Manuel aber schon gemacht.

Etwa 20 Minuten später schlich ein kleiner Frosch die Treppe herunter. Wieder traurig, wieder ein wenig aufgelöst. Als er bemerkte, dass ich ihn am Treppenabsatz schon erwartete, rieb er sich verschüchtert die Augen und fragte ganz leise

Mama, darf ich heute bei dir schlafen? Ich fühl mich sonst so allein.

Natürlich durfte er. Das Babybett stand seit der Geburt vom Keks neben meinem Bett. Ungenutzt, außer der Frosch wollte übernachten. So auch dieses Mal. Ich schüttelte ihm sein Kissen auf, kuschelte ihn in die Decke ein und drückte ihm einen Stirnkuss auf, den er wie immer energisch weg wischte. Dann rutschte er tiefer unter die Decke, guckte mich mit müden Augen an. Nur kurz, denn dann fielen auch schon die Augen zu. Im Halbschlaf murmelte er noch, dass er nicht mehr hingehen möchte.

Der Kigastart war also ein voller Erfolg. Nicht.

Heute früh erwartete mich ein ausgeschlafener kleiner Kerl, der mit strahlenden Augen schon wieder Schabernack im Sinn hatte. Bis er auf seine Geschwister traf, die heute noch die Sommerferien genießen, während er in den Kindergarten soll. Am Ende saßen zwei Kinder, die sich gegenseitig hochschaukelten, auf dem Boden und weinten. Der eine, weil er nicht mehr in den Kiga soll, der andere, weil er heute gehen sollte.

Nach etwas Zureden stieg der Frosch dann doch ins Auto und ließ sich von Manuel in den Kindergarten bringen. Ob er heute dort bleibt? Ich weiß es nicht. Aber ich habe mir in meiner Naivität den Kigastart wirklich leichter vorgestellt. Wenn er sich heute wieder so verloren vorkommt, werde ich ihn abholen.

Die Umstellung ist nie einfach. Manchmal ist man eben noch klein. Und dann ist man plötzlich groß. Und überhaupt ist es schwer, sich seinen neuen Platz zu erkämpfen und einzugestehen. Hach ja, ich hoffe, wir finden noch eine Lösung, mit der wir alle zurecht kommen.

Wie war das bei dir? Oder steht dir das erst noch bevor?

Herzlichst, die Julie

 

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2 Kommentare

  • Petra

    Hallo. Bin sonst nur stille Leserin, aber bei diesem Artikel kann ich nicht anders, denn ich möchte mich herzlich bedanken, dass du mich daran erinnert hast, wie klein ein Vierjähriger eigentlich noch ist. Ich vergesse das manchmal, da mein Vierjähriger (übrigens ebenfalls blond mit braunen Augen) der Älteste von zwei jüngeren Geschwistern ist. Er war bzw ist nach dem Kindergartenstart ebenfalls etwas komisch drauf, weint beim Verabschieden, bockt und lärmt viel usw.
    Aus seiner Gruppe sind einige in die Schule gekommen, vielleicht liegt es auch daran.
    Und auf die Idee, dass er im Babybett (das hier ebenfalls unbenutzt neben dem Elternbett steht, – eigentlich nur als Schutz gegen ein Herausfallen des Babys…) schlafen könnte wenn er sich nachts meldet, war ich noch gar nicht gekommen.
    Du siehst, ich hab viel gelernt durch den Artikel 😀
    Viele Grüße

    • Julie

      Liebe Petra,
      es freut mich sehr, dass du dich und deine Situation in meinem Artikel wiederfinden konntest. Viele Situationen verlieren wirklich den Stress, wenn man sich bewusst macht, dass sie ERST so alt sind und nicht SCHON. Vielleicht hilft es dir auch zu wissen, dass es ganz viel Vertrauen braucht, dass Kinder sich so fallen und ihren Gefühlen freien Lauf lassen können.
      Es wird bestimmt bald wieder besser und angenehmer. Da bin ich mir sicher. Hier hat sich das nach den ersten beiden Tagen auch ganz schnell gelegt und der Frosch wollte abends nochmal in den Kindergarten, weil es dort eigentlich total toll ist.
      Viele liebe Grüße

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