Brücke, Weg, Housemamager, Mamager, Hausfrau, Familienmanagement
Life,  Gedankenwelt

Housemamager – oder: Über die Brücke geh‘ ich, wenn ich da bin.

Heute habe ich einen wirklich tollen Gastbeitrag von Tanja. Diese wunderbare Frau hat bis vor einiger Zeit auf ihrem Blog „Krümel und Chaos“ über das Leben mit ihren zwei Söhnen berichtet. Momentan pausiert „KuC“ und sie erfindet sich und das Familienleben neu. Aber das Schreiben kann sie doch nicht ganz lassen. Und ich bin dankbar, dass ich ihr und ihren Gedanken Raum bieten darf, damit sie dich daran teilhaben lässt.

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Ich bin gerade dabei, einiges in meinem Leben zu verändern. Ich verabschiede mich von Wünschen, die nie wirklich meine eigenen waren und versuche, ein entspannterer Mensch zu werden. Für diese kleinen Menschen, die hier wohnen und die eine glücklichere, ruhigere und relaxtere Mama verdienen.

Es sind nicht einmal riesige Veränderungen – nein, eigentlich sind es nur kleine Dinge, die ich an meiner Einstellung geändert habe.

Umzug mit Hindernissen

Wir sind umgezogen. Von einer kleinen 72 Quadratmeter-Wohnung in ein großes Haus, mein Elternhaus. Bereits bei Umzug hielt sich nichts an meinen Plan. Bestes Beispiel: Unser Schlafzimmer. Das sollte als erster Raum fertig werden. Es musste! Das war der Plan. Tatsächlich ist es erst jetzt – ein halbes Jahr später als geplant – ansatzweise fertig.

Beinahe jeder Plan, den ich machte, klappte nicht. Mal kam Handwerker A nicht oder es fiel auf, dass zuvor noch Handwerker B etwas machen muss. Ich schob Termine nach hinten, Handwerker nach vorn und am Ende passte nur eines: Der Umzugstermin. Doch bis dahin, lief nichts wie geplant.

Aber: Das Ergebnis stimmte. Wir waren in ein bewohnbares Haus gezogen.

Wofür also der ganze Stress und die schlaflosen Nächte? Sicher, einen Plan zu haben, ist gut – aber die Mühe, alles minutiös durchzuplanen, hätte ich mir sparen können. Schluss damit!

Keine ungelegten Eier mehr

Auch Autorin Nicole Staudinger, deren Lesung zum Buch „Steh Auf Queen“ ich kürzlich besuchte, stellte das viele Plänemachen in Frage. Das Leben, so Staudinger sinngemäß, hält sich doch eh nicht dran. Planlos? Für mich undenkbar, aber je mehr ich darüber nachdachte, desto erstrebenswerter schien es mir.

Auch die Nummer mit den „ungelegten Eiern“ kam in ihrer Lesung vor. Auch drüber hatte ich mir bereits so meine Gedanken gemacht. Sorgen machen – das macht man nunmal. Aber ich mache mir tatsächlich Sorgen um Eier, bei denen nicht mal sicher ist, ob sie jemals gelegt werden. Wozu? Um auf den Worst Case vorbereitet zu sein? Das ist man doch eh nie.

Also soll ab jetzt auch das, so habe ich es mir feste vorgenommen, aufhören.

Im Englischen gibt es einen wunderbaren Spruch dafür: We’ll cross that bridge, when we come to it. Über die Brücke gehen wir, wenn wir da sind. Nicht eher – vielleicht ist sie ja noch nicht einmal gebaut!

Tschüss Karriere!

Nun werden einige laut aufschreien. Ich höre es schon! Wie viele messen den Wert eines Menschen (oder sich selbst) an dessen Arbeit?! Viel zu viele und auch ich habe das lange Zeit getan. Doch auch damit ist nun Schluss für mich.

Aber deine Ausbildung! Damit musst du doch was machen! Du bist Fremdsprachenkorrespondentin! Eine super Sekretärin! Office Managerin! Übersetzerin! Du kannst sogar dolmetschen. Wirf das doch nicht weg!

Meine Eltern sahen mich schon im Europaparlament. Bei großen internationalen Konzernen. Auf großen Konferenzen mit wichtigen Politikern.

Entschuldigung. Aber ich mich nicht. Obwohl… Das stimmt nicht ganz, ich sah mich auch dort, aber aus den falschen Gründen. Nicht, weil ich mir selbst das so wünschte, sondern nur, um „den Anderen“ zu zeigen, was in mir steckt. Dass ich nicht dumm bin. Das ist was drauf hab. Ich wollte bewundert werden und dass meine Familie stolz auf mich sein kann.

Und nun? Habe ich erkannt, dass ich all das gar nicht möchte. Dass ich einfach kein Karrieretyp bin. Ellenbogen, Wettbewerb – das alles ist mir zuwider. Verantwortung? Habe ich für meine Kinder und meine Familie – und das reicht mir auch schon.

Eine tolle Mama will ich sein

Wenn man in 20 oder 30 Jahren meine Söhne fragt, was ich für ein Mensch war, hoffe ich, dass sie sagen „Eine tolle Mama.“ und nicht „Eine klasse Sekretärin. Englisch konnte sie auch!“. DAS ist es, was mir wichtig ist.

Bitte, ich sage nicht, dass arbeitende Mütter schlechte Mütter sind. Ich rede hier ausschließlich von mir. Ich bin jemand, der sich immer wieder extrem reinhängt und der sich von einem Job schnell vereinnahmen lässt, das Beste leistet – über eigene Grenzen hinaus. Überstunden macht, dabei sich selbst und andere vergisst, niemals abschaltet und am Ende zurückblickt, auf eine Zeit, die man für andere geopfert hat, die das nicht einmal zu schätzen wissen.

Wisst ihr eigentlich, wie wertvoll Zeit ist?

Ich hab mich nur kurz umgedreht, da war der Große auf einmal schon fünf! Seine Kindergartenzeit ist bald vorbei, die ersten Wackelzähne sind bereits ausgefallen – und ich hab das Gefühl, ich habe das gar nicht so richtig mitbekommen. Viel zu viel „Mental Load“, zu viel  Angst um ungelegte Eier, zu viel Arbeit, zu viel „Ich muss noch…“.

Tanja hat für sich beschlossen, ihre berufliche Karriere auf Eis zu legen und stattdessen Housemamager zu sein. Ihre Gedanken dazu in einem Gastbeitrag.
Quelle: Pixabay
Ab jetzt House Mamagement

Dabei habe ich ja einen sehr wichtigen Job: Ich nenne es mal „House Mamager“. Ich bin Mama und habe ein Haus. Das ist nun erst einmal mein primärer Job.

Will ich nun also Hausmütterchen sein? Nun, wenn man es so sehen will, dann ja. An zwei Tagen in der Woche gehe ich arbeiten. Außerhalb des Hauses. Ich mache keine große Kunst mehr, keine Karriere, nichts, was mir Anerkennung bringt. Ich arbeite nicht mehr mit dem Kopf, sondern mit den Händen und bin ein klitzekleines Rad in einem riesigen Unternehmen. Und das ist mir genug. Ich bin austauschbar, das Unternehmen für mich ebenso.

Zum ersten Mal habe ich keine Angst vorm nächsten Arbeitstag, keine Angst, den Job zu verlieren, keine Panik, etwas falsch zu machen. Ich habe eine sehr einfache Arbeit und die reicht.

Für immer? Vielleicht!

Will ich das für immer machen? Nö, vielleicht – wer weiß. Und wenn ich nie wieder etwas anderes („Besseres“) finde? Dann werde ich damit leben. Und wenn ich etwas Besseres finde? Dann mach ich das vielleicht. Wie sieht das denn im Lebenslauf aus! Viel zu lange habe ich mich von dieser Frage leiten lassen.

Karriere mach ich nicht. Also mache ich mich frei von all dem Druck, einen angemessenen Job finden zu müssen. Frei von der Jagd nach dem unbefristeten Vertrag, dem Job, den ich ein Leben lang machen kann – oder muss. Und wenn etwas passiert? Dem Mann? Ein Unfall. Oder was, wenn er mich verlässt? Ja, Leute, dann ist eh alles Scheiße – dann muss ich sehen, wie ich wieder aufstehe und wie es weitergeht. Aber nicht jetzt.

Meine Hauptarbeit ist ab jetzt meine Familie. Das Haus, der Garten und die Kinder. Auch diese Arbeit – Mütter wissen das – ist Arbeit. Viel Arbeit. Unbezahlt und oft nicht gedankt, aber Arbeit wird ja nicht Arbeit nur durch das Gehalt.

Dass das bei uns finanziell so klappt, ist Luxus. Das ist mir bewusst. Aber es ist momentan für mich der einzige Weg, die Mama – der Mensch – zu sein, der ich sein möchte.

Plan-, sorg- und karrierelos – und glücklich dabei

Ich habe dem Teil meiner Persönlichkeit, der alles bis ins Kleinste plant, frei gegeben. Sorgen? Werde ich mir immer machen. Aber nicht mehr um Dinge, die vielleicht nie geschehen. Karriere? Geh mir wech – danke, aber nichts für mich. Brauche ich nicht.

Daran arbeite ich nun seit einigen Wochen und siehe da – ich bin viel entspannter, ruhiger und das Leben scheint viel leichter. Auch die Achtsamkeit fällt mir leichter. Endlich höre ich mich und meine Bedürfnisse und nehme so auch die Bedürfnisse meiner Söhne besser wahr. Mein Kopf ist freier, ruhiger und aufgeräumter.

Und davon profitieren wir alle.

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Tanja hat für sich beschlossen, ihre berufliche Karriere auf Eis zu legen und stattdessen Housemamager zu sein. Ihre Gedanken dazu in einem Gastbeitrag.
Fotografie: Julia Neubauer

Wenn du mehr von Tanja lesen möchtest, schau doch mal auf Twitter bei ihr vorbei. Dort geht es nicht nur ernst zu, sondern man findet auch einiges (wirklich sehr vieles) zum Schmunzeln. 🙂

Herzlichst, die Julie

Ein Kommentar

  • Mama Rausch

    Ein sehr schöner Artikel. Vielen Dank Tanja, dass du deine Gedanken mit uns geteilt hast. Über ungelegte Eier habe ich mir früher auch viel zu viele Gedanken gemacht. Ich merke wie ich immer glücklicher werde, so weniger ich über Dinge grübel, über die ich auch später noch oder eventuell gar nicht grübeln muss, weil es sich schon von selbst erledigt haben.

    LG Alexandra

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